Als glaubwürdiger Arzt bindet man sich freiwillig an den Eid des Hypokrates: «Ich schwöre bei Apollon dem Arzt und bei Asklepios, Hygieia und Panakeia sowie unter Anrufung aller Götter und Göttinnen als Zeugen, dass ich nach Kräften und gemäss meinem Urteil diesen Eid und diesen Vertrag erfüllen werde: Denjenigen, der mich diese Kunst gelehrt hat, werde ich meinen Eltern gleichstellen und das Leben mit ihm teilen“. Dankbar blicke ich auf die Zeit zurück, in welcher mir Prof. Dr. Claus Walter spezialisierte Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Nasenchirurgie über viele Jahre vermittelt hat.
Nach langer, schwerer Krankheit ist Prof. Dr. med. Claus D. Walter am 11. September 2016 gestorben. Nicht nur in seiner Wahlheimat Schweiz sowie in Deutschland, sondern auch weltweit löste sein Tod Trauer aus. Der Präsident der „European Academy of Facial Plastic Surgery“, PD Dr. med. Abel-Jan Tasman, reagierte tief betroffen auf die Nachricht von Prof. Walters Tod: «Unsere Welt ist um einen ganz Grossen, um einen feinen Menschen, um einen warmherzigen Freund ärmer».
Geboren 1927 in Gleiwitz, Oberschlesien, studierte Prof. Walter nach seinem Abitur 1944 zunächst Medizin an der Universität in Breslau, bevor er im August 1944 zur Kriegsmarine eingezogen wurde. Im Mai 1945 aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen, setzte er sein Medizinstudium an der Universität Würzburg fort, wo er sein Studium 1951 mit dem medizinischen Staatsexamen und der Promotion abschloss. Seine Facharztausbildung in Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde begann er 1952 an den Universitätskliniken in Ann Arbor, Michigan und Columbus, Ohio. Diese schloss er im Oktober 1955 mit der amerikanischen Facharztprüfung ab. Nach dem Krieg war er der erste Deutsche mit einer Doppel-Approbation in Plastic Surgery und Otolaryngology in den USA. Als solcher nahm er aktiv teil an Rhinoplastik-Kursen im renommierten Mount Sinai Hospital, New York, USA. Im Herbst 1955 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er eine Oberarztstelle an der Hals-, Nasen-, Ohren-Klinik der städtischen Krankenanstalten in Krefeld bekleidete. Zeitnah erhielt er die Deutsche Facharztanerkennung in der Hals-Nasen-Ohren- Heilkunde. 1958 liess er sich in eigener Praxis nieder und operierte in Essen-Werden am Evangelischen Krankenhaus. 1962 nahm er die Herausforderung als Chefarzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde am Krankenhaus Huyssensstiftung in Essen an. Während zu dieser Zeit die Tonsillektomie in Lokalanästhesie üblich war, war es eine Pionierleistung von Prof. Walter, die Tonsillektomie in Intubationsnarkose einzuführen, welches sowohl für den Patienten als auch für den Arzt eine grosse Erleichterung darstellte. Sein operatives Interesse galt aber der plastisch- rekonstruktiven Gesichtschirurgie. Ab 1966 nahm er eine beratende Tätigkeit in der Plastisch-chirurgischen Gesichtschirurgie an der Hals-, Nasen-, Ohren- Universitätsklinik in Bonn auf, die schliesslich 1973 zur Habilitation unter Prof. Walter Becker führte. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit, die ästhetische und rekonstruktive Gesichtschirurgie, führte 1981 zur Ernennung zum „Facharzt für Chirurgie“ mit der Zusatzbezeichnung „Plastische Chirurgie“ durch die Ärztekammer Nordrhein. 1973 eröffnete er die neue Klinik für Plastische- und Wiederherstellungschirurgie sowie für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde an den Diakonie-Krankenanstalten in Düsseldorf Kaiserswerth, deren Chefarzt er bis 1982 blieb. Sein ausgezeichneter Ruf hatte zur Folge, dass seine Patienten sowohl aus Deutschland als auch aus dem Ausland zu ihm reisten. Prof. Walter setzte sich stets für die Weiterbildung anderer Kollegen ein. Die unter seiner Leitung organisierten Operationskurse waren vielbesuchte Veranstaltungen mit internationalen Teilnehmern.
1982 fand Prof. Walter eine neue berufliche Herausforderung an der von Prof. A. Bangerter gegründeten „Klinik am Rosenberg“ in Heiden/Schweiz, wo er als Chefarzt die Abteilung für plastische Chirurgie aufbaute. Aufgrund seines amerikanischen Diploms und des Status als Gastprofessor in San Antonio (1988-1993) erfolgte die Genehmigung der „American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery“ zur Aus- und Weiterbildung von amerikanischen Fachärzten im Bereich der plastischen und rekonstruktiven Gesichts- und Halschirurgie in Heiden/Schweiz. Die Ausbildungszeit in Heiden wurde den amerikanischen Ärzten in den USA für die Erreichung des Facharzttitels angerechnet. Auch nach der Beendigung der Chefarzttätigkeit war ständiges berufliches Engagement für Prof. Walter prägend. So war er über zehn Jahre lang beratender plastischer Chirurg am städtischen Grossklinikum in Augsburg. Oft operierte er in einer Woche an verschiedenen Einsatzorten wie etwa an: der KÖ-Klinik in Düsseldorf, bei Kollege Dr. med. A. Moser in Rorschach/Schweiz, bei Prof. Dr. Dr. H. Bull an der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie am Josefskrankenhaus in Krefeld-Uerdingen sowie bei Prof. Dr. N. Pallua an den Universitätskliniken Aachen.
Im akademischen Austausch arbeitete Prof. Walter unter anderem zusammen mit Dr. med. Klemens Gruner, Bülach in der Schweiz, Prof. Dr. Werner Heppt, Städt. Klinikum Karlsruhe, Dr. Thomas Hundt in München, Prof. Dr. Yves Saban in Nizza und mit Prof. Dr. Marcus Maassen in der Schweiz in der „HNO-Center Luzern AG“. Grosszügig teilte er seinen aus mehr als 10‘000 Rhinoplastiken erarbeiteten Erfahrungsschatz.
Sein internationales Engagement führte zu einer Vielzahl von Beiträgen auf Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen.
Sein reicher beruflicher Erfahrungsschatz lebt in seinem Buch “Plastisch- chirurgische Eingriffe im Kopf-/Halsbereich“ (Thieme 1997) und in unzähligen Veröffentlichungen in den Fachmedien weiter.
Auch Ausdruck seiner weltweiten beruflichen Orientierung war 1977 die Gründung der „Europäischen Akademie für plastische Gesichtschirurgie (ehemals: „Joseph Society“ und „Europäische Gesellschaft für Gesichtschirurgie“) zusammen mit Prof. Tony Bull, London und Air Vice-Marshall Manus Moran, mit denen ihn nebst der beruflichen Zusammenarbeit auch eine enge persönliche Freundschaft verband.
Prof. Walter war akademischer Lehrer in der Plastischen Gesichtschirurgie an der Universitätsklinik in London Gray’s Inn Road und klinischer Gastprofessor an der Universität von Texas, Medical School St. Antonio.
Auch seine Mitgliedschaften in Fachgesellschaften sind bemerkenswert:
Prof. Walter war seit 1957 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, von 1973-1980 Präsidiumsmitglied, 1997 Ernennung zum Ehrenmitglied, 2001 Träger der Verdienstmedaille, 2007 Mitglied des Ehrenpräsidiums der 78. Jahresversammlung 2007 unter der Präsidentschaft von Herrn Prof. Berghaus. Er war Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie (Ehrenmitglied), Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Mitglied der Gesellschaft für Dermatochirurgie sowie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Plastische- und Wiederherstellungschirurgie.
International war Prof. Walter Mitglied der französischen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Member of the Royal Society of Medicine in London und Honorary Member of the Section Laryngology. In den USA war er Honorary Member of the American Academy of Facial Plastic and Reconstructive Surgery. Als weltweit anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der rekonstruktiven Gesichtschirurgie benannte 2012 das «International Board for Certification in Facial Plastic and Reconstructive Surgery« ihren Preis für die herausragendste internationale Leistung auf dem Gebiet der Plastisch-rekonstruktiven Gesichtschirurgie nach Prof. Walter (the «Claus D. Walter Award«).
Bei all seinen beruflichen Aktivitäten und der persönlichen Fürsorge für seine Patienten galt sein Leben seiner Familie. Nach dem zweiten Weltkrieg lernte er seine Frau Herma kennen, die Schwester seines Studienfreundes, mit der er 2013 die „Diamantene Hochzeit“ feiern konnte. 63 Jahre lang war seine Frau als Partnerin an seiner Seite, unterstützte all seine Interessen und Bemühungen. Prof. Walter hinterlässt seine Frau, zwei Töchter, 5 Enkel und inzwischen 6 Urenkel, die ihn schmerzlichst vermissen.
Wir verneigen uns vor einem ganz feinen Menschen, Chirurgen und Freund.
Prof. Dr. Claus D. Walter hat eine Lücke hinterlassen, die sich nicht schliessen lässt.
Prof. Dr. med. Marcus M. Maassen, Luzern